Donnerstag, September 01, 2005

Oh inverted world!

Die Medien berichten ja, seitdem der Wirbelsturm "Katrina" New Orleans unter Wasser gesetzt hat, nur noch von der Tragödie. Natürlich ist es furchtbar, dass tausende Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, allerdings fiele mir im Traum nicht ein zu behaupten, dass diese Naturkatastrophe schlimmer ist, als der Tsunami im Dezember des vergangenen Jahres, so die UNO.
Liegt es vielleicht daran, dass diesmal ausnahmsweise die Vereinigten Staaten betroffen sind? Schließlich ist ja das Gebiet rund um den Golf von Mexiko ein neuralgischer Punkt hinsichtlich der Erdölförderung, Verarbeitung und Lagerung.
Heute morgen berichtete ORF.at, dass nachdem "Katrina" New Orleans verwüstet hatte, der Ölpreis kurzfristig auf über 70 Dollar pro Barrel angestiegen war. Interessant ist auch, dass die strategischen Ölreserven der Staaten - es gibt vier Depots - zur Hälfte in Louisiana liegen. Die werden jetzt wohl angezapft werden müssen, denn die Pipelines nach Washington sind aufgrund der Unterversorgung geschlossen; ohne Öl kein Geschäft - das Wirtschaftswachstum der 2. Jahreshälfte in den USA ist gefährdet.
Na logisch, immerhin werden 20 Bohrinseln in dieser Gegend vermisst, und besagte Bohrinseln sind Hauptlieferanten für Erdöl im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Nur: wie kann man Bohrinseln verlieren?? Sollten sie gesunken sein, und die Förderanlagen beschädigt, könnte das eine Umweltkatastrophe unbekannten Ausmaßes bedeuten. Wenn sie nur so im Ozean treiben, wird man sie ja hoffentlich irgendwie einfangen können, immerhin befinden sich Menschen auf den Plattformen. Ach ja, selbst wenn die Bohrinseln produzieren würden, könnten sie ihre Ware nicht ans Festland schaffen, denn der LOOP (Louisiana Offshore Oil Terminal) ist so gut wie vernichtet - kein entladen der Öltanker möglich!

Soviel zu den wirtschaftlichen Aspekten, die ja anscheinend höher zu bewerten sind, als die vielen toten Menschen und die Einzelschicksale der Überlebenden.

CNN berichtet von Plünderungen, obwohl das "Kriegsrecht" verhängt wurde. Das ist doch toll, dass "Plünderer" - im CNN-Bericht waren es drei schwarze Jugendliche, die nur ein paar Schuhe aus einem Geschäft nahmen, weil sie eben keine mehr haben - von Nationalgardisten, im Fall der Fälle dann einfach niedergeschossen werden dürfen.

Während die Bonzen mal wieder nur um den zu erwartenden Profitverlust weinen, versuchen die Betroffenen bloß sich das Notwendigste zu sichern: Familie, Kleidung, Lebensmittel - was für eine verdrehte Welt!

8 Comments:

Anonymous Anonym said...

Der "Notevakuierungsplan" der Amerikaner sah ja auch vor, daß sich die Einwohner der zu evakuierenden Gegenden Zugtickets selber kaufen mußten. Auch ein Weg, das Armutsproblem aus der Welt zu schaffen. Präsident Bush brach sofort seinen Urlaub ab (ich würde mich ja beschweren, daß der Kerl dauernd Urlaub macht, aber dort kann er wenigstens keinen Schaden anrichten) und flog einmal über den betroffenen Landstrich. Echte Besorgnis also.

Eines wundert mich aber an deinem Post: Wieso müssen (Natur-)Katastrophen wettbewerbsartig gegenüber gestellt werden? Schlimm ist's auf alle Fälle, aber hättest du es lieber, wenn die Berichterstattung die Sache mit Schulterzucken und einem "Nicht so schlimm wie der Tsunami" abtun würde?

11:04 AM  
Anonymous Anonym said...

Es geht nicht um Vergleich.

Ich wollte eigentlich darauf hinweisen, dass es bei dieser Aussage in erster Linie um die (welt-)wirtschaftlichen Auswirkungen geht; man sorgt sich um die Handelsbilanzdefizite und den sehr wahrscheinlichen Rückgang der amerikanischen Kaufkraft. Das hat mittelfristig Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und betrifft früher oder später auch uns in Europa.

Aber das gegenwärtige Drama, nämlich die vielen Leute ohne Hilfe - bedroht durch Plünderer und die Viecher aus dem Mississippi, ohne polizeilichen Schutz, ohne Medikamente sollte eigentlich mehr beschäftigen und betroffen machen!

2:27 PM  
Anonymous Anonym said...

Vergleichen tut ja nicht Klein-Tinchen sondern die Groß-UNO.
Und was mich schreckt, wenn man sich vorstellt das ganze passiert nicht in Amerika sondern in Somalia, dann is es gar nicht mehr so schokierend. oder? Das ist wie in der 3. Welt da drüben. Ganz abgesehen davon, dass mir bei diesen Bildern in immer "Dawn of the Dead" einfällt und ich weiß net warum. Und sollte einer noch überlegen, wie der Hollywoodblockbuster zur Trägodie heißt, CNN hilft ein wenig. Die Titel im Moment mit "BATTLE FOR NEW ORLEANS"

2:34 PM  
Anonymous Anonym said...

Jetzt hab ich grad noch ein bissl gelesen. Urban Warfare und so - die haben echt Krieg. Im eigenen Land. Und sind völlig überfodert. Was glaubt ihr, reicht das Schlussfolgerungsvermögen der Nation aus, um den Gedankensprung zur Zivilbevölkerung im Irak zustande zu bringen. Meist versteht man die anderen ja besser, wenn man selber in der gleichen Situation ist. Oder machen sies wie Homer Simpson: "Honey, I haven't learned a thing."
Übrigens, wenn ein Soldat, der mir Schutz und Hilfe geben soll, auf mich schießt, weil ich mir was zum Anziehen nehme, weil mir sonst alles genommen wurde - Also, ich würd zurückschießen. Was der Shoot to Kill Befehl soll, keine Ahnung. Ich glaub damit wird die Lage nur noch schlimmer. Aber es passt zur SchlagZuHauDrauf Mentalität dieser Administration.

2:49 PM  
Anonymous Anonym said...

"shoot to kill" ist der Freibrief für die Soldaten (mit Irak-Erfahrung!) - à la Jack Bauer: zuerst schießen, dann fragen.

Was für ein land of hopes and dreams wo du for the greater good - die nationale Sicherheit - mal eben angeschossen wirst.

Hilft natürlich auch ungemein die Seuchengefahr einzudämmen, wenn man nach Belieben dahinmetzeln kann - mir stinkts!

7:31 PM  
Anonymous Anonym said...

Ich bin froh, dass die Bush Administration das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert hat. Da haben sie nämlich wirtschaftliche Einbußen befürchtet, wenn sie in die Umwelt und besonders in den Klimaschutz investieren müßten. Ich will hier nicht zynisch sein, aber wenn das aufgeheizte Klima schon jährlich einer Nation in der Arsch tritt, dann müssen es nicht immer die Südostasiaten oder Lateinamerikaner sein.

7:37 PM  
Anonymous Anonym said...

Der passende Film zur Katastrophe ist übrigens THE DAY AFTER TOMORROW. Etwa nicht? Zum Vergleich: Das ist vielleicht etwas mißverständlich formuliert, wer da vergleich, weil du schreibst, es würde DIR nicht im Traum einfallen etc.

10:49 AM  
Anonymous Anonym said...

Ich habe das erste Mal in fast 2 Monaten Informationen in Mexiko ueber das Ausland via Fernsehen/Zeitung bekommen: und das war die Katastrophe in New Orleans (oder auch Nueva Orleans, da hier in Mexiko alles uebersetzt wird). Das Ausmass der Katastrophe wurde mir aber erst bewusst, als ich mir ueber good old ORF mehr Infos holte, denn in Mexiko wurde ausschliesslich ueber das Oel berichtet. Da sieht man wieder das sogar die Medien in Mexiko vom engen Verhaeltnis USA-Mexiko beeinflusst werden.

So ein paar News aus Mexiko! Muchísimos besos de Kerstin

10:27 PM  

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