Sonntag, Dezember 04, 2005

Häferlgucken am Christkindlmarkt

Freitags wurde die Punschsaison von mir offiziell eröffnet, das heißt eigentlich war es ja Glühmost mit dem angestoßen wurde, aber wir wollen mal nicht so kleinlich sein.

Nachdem in Salzburg ja nicht nur das Leben per se teuer ist, und man auch versucht die Bevölkerung bei der Pflege abendländischen Kulturgutes abzuzocken, war meine Begleitung nicht schlecht erstaunt, als ich mit zwei mickrigen Häferln Glühmost und dem Restwechselgeld von 2,40 Euro zurückkam. Fairer Weise muss ich hinzufügen, dass pro Tasse ein Pfand von 2 Euro eingehoben wurde - trotzdem ein Schockmoment für uns arme Studenten und Mindestlohnempfänger.
Obwohl an allen Ecken weihnachtliches Handwerk zum Verkauf angepriesen wird, eine Bläsergruppe am Treppenabsatz des Doms musizierte und man sich der olfaktorischen Zwangsbeglückung mit Weihrauch nicht entziehen konnte, wollte einfach keine Weihnachtsstimmung in mir aufkommen. Wahrscheinlich, weil meine Zehen schon langsam ansetzten Frostbeulen zu bilden und, weil mir dieser Punschstandl-Tourismus nicht die innere Ruhe und Besinnlichkeit beschert, die die "stillste" Zeit im Jahr bringen soll.

Einen Wehrmutstropfen in dieser Anhäufung von vorweihnachtlichen Pflichtübungen gibt es dann doch: Samstagnachmittag schneite es in Wattebausch-Dimensionen - die richtige Winter- und Weihnachsstimmung flackerte kurz auf - und nicht zuletzt deshalb, weil ich fast kein Radio höre, wurde ich erst vor gut einer Woche das erste Mal mit WHAMs "Last Christmas" gefoltert.

Vielleicht kehrt ja doch noch irgendwo zwischen laufenden Nasen und Halsschmerzen ein bisserl Ruhe ein, nicht wegen Weihnachten, sondern weil ich mich in meinen 4 Wänden einsperre und die einsame Ruhe mit einem guten Buch oder Film genieße.

... zum Schluss noch mein liebstes Weihnachstgedicht (damit sind viele tolle Kindheitserinnerungen verbunden) von Joseph v. Eichendorff:

Markt und Straßen stehen verlassen,
still erleuchtet jedes Haus,
sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
buntes Spielzeug fromm geschmückt,
tausend Kindlein stehen und schauen,
sind so wunderstill beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
bis hinaus ins freie Feld,
hehres Glänzen, heiliges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigts wie wunderbares Singen -
o du gnadenreiche Zeit.

2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Mein Arzt hat mir ja die Vorweihnachtszeit verboten, deshalb bin ich nicht so glühweinstandfrostbeulengefährdet. Aber natürlich habe ich meiner Family schon angeschafft, dieses Jahr endlich wieder einen vernünftigen Weihnachtsbaum aufzustellen, dessen Größe (im Vergleich zu den Vorjahren) direkt proportional mit der Anzahl der Geschenke steigen sollte.

8:13 PM  
Anonymous Anonym said...

Sakra, ich muss Wasser lassen,
still befeucht ich jedes Haus,
rinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so häßlich aus.

Ja, die Schattenseiten des Glühmarkts.
Für Caritas, manch guten Zweck
säuft man sich die Birne weg.
In dieser Hinsicht ist auf die Österreicher immer Verlass. Während der Städter seiner karitativen Tätigkeit konzentriert in der Adventszeit nachkommen muss, hat der Landbewohner ständig Gelegenheit die Widerstandsfähigkeit seines Körpers zu testen. Einmal ist es die Freiwillige Feuerwehr, dann wieder die Jungschar, die Goldhauben oder die Scharfschützen, die für einen guten Zweck, nämlich sich selbst, ordentlich ausschenken. Da drückt auch die Polizei oft ein Auge zu oder zwei, wenn wieder ein Jugendlicher einem Baum den Blechlatz umbindet.
Dabei geht in der heutigen Zeit der karitative Gedanke beim Saufen schon oftmals verloren. Viele suchen gar nicht mehr nach dem Stand der Pfadfinder, sondern wenden sich irgendeiner kommerziellen Unternehmung zu. Wie soll da der Obersturmbandführer der Pfadfinderinfantriedivision noch eine vernünfigte Ausbildung der Rekruten gewährleisten können? Ich persönlich sehe sehr genau hin, für wen ich die graue Masse zwischen den Ohren zu Grabe trage.

9:19 PM  

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