Samstag, März 18, 2006

Die Thees Uhlmann-Show

Rockhouse Salzburg am Donnerstagabend: im Windfang stellen sich schon massig Leute an um ihre Karten an der Abendkasse abzuholen, als Thees Uhlmann mit gelbem Schal um den Hals an mir vorbei nochmal kurz zum direkt vor der Tür geparkten Nightliner geht. Thees ist an mir vorbeigegangen! Und er fällt inmitten der Menschenmenge auch nicht wirklich auf mit seinem grauen Kapuzenpulli.
Ganz normale Kerle ohne Starallüren dürften diese Grand Hotel-Typen wohl alle sein, denn spontan fällt mir das Kettcar-Konzert im Rockhouse ein, als ich sah, wie Reimer Bustorff seelenruhig vor dem Konzert am Photoplay-Automaten saß ... davon wird Thees dann später noch während des Tomte-Auftrittes erzählen.

Es ist ja nun kein Geheimnis, dass Tomte in der Indie-Szene eine große Fangemeinde haben, die Geschichten die Thees und seine Band liebevoll in wohlklingende Melodien einweben sprechen jung und alt an. So finden auch an diesem vergangenen Donnerstag Menschen aller Altersklassen den Weg zu Tomte (und der New Yorker Supportband Walking Concert). Und als ich mich während der insgesamt zwei Stunden und 15 Minuten der Thees Uhlmann-Kabarettshow mal gegen die Wand lehne, beugt sich der Mitdreißiger hinter mir zu meinem Ohr und plärrt mir zu, dass Thees "Redaktionär" ist. "Was er ist reaktionär?" frage ich mich, bis es mir dann wie Schuppen von den Augen fällt: Thees ist Redakteur! Ja, er schreibt/schrieb für Musikzeitschriften Beiträge.

Tomte sind ja eine Bierband, hab ich mir sagen lassen, das dürften viele Konzertbesucher falsch aufgefasst haben: Bierband bedeutet nicht, dass man sich als Zuhörer bis zum Verlust der Muttersprache wegschüttet (wie der Mitdreißiger *g*) oder während dem Konzert ständig andere belästigt, weil man sich mit dem Gerstensaft im Plastikbecher an den Leuten vorbei quetschen muss um ganz vorne mit dabei sein zu können. Aber diesem Schicksal hab ich mich ja schon ergeben; es gibt einfach ignorante Menschen die rücksichtslos hin- und herlaufen, sich unterhalten und zwar immer lauter, je lauter die Musik wird, und prinzipiell müssen immer die Größten ganz vorne stehen.

Zurück zur Performance. Thees hat gute Antibiotika genommen vor dem Auftritt. Er erzählt uns, dass seine Mandeln so groß wie Medizinbälle in seinem Rachen hocken und man sie wohl locker mit der Nagelschere rausschneiden könnte und, dass die Enthusiasten in den ersten Reihen eventuell von Eiterbatzen getroffen werden könnten ... grmpf ... sehr appetitlich! Aber das ist ja wohl sein Charme bzw. seine Masche: er hat einen Riesenspaß auf der Bühne und je später es wird desto besser wirken wohl die Medikamente. Thees gibt eine Acapella-Version von Morrissey's "Irish blood, English heart" zum besten, genauso wie ein improvisiertes Hohelied auf seinen Gitarristen und bittet das Publikum ihm das Bootleg zu schicken, falls jemand das Konzert mitschneiden sollte. Dann stellt Thees noch fest, dass Tomte eigentlich wie Turbonegro seien, halt nur mit Akustikgitarre.
So geht das die ganze Zeit dahin; Thees ist definitiv der Pausenclown vom Grand Hotel Van Cleef. Sie spielen die Gassenhauer "Schreit den Namen meiner Mutter", "Die Bastarde die dich jetzt nach Hause bringen", "So soll es ein", "New York", "Buchstaben über der Stadt", "Geigen bei Wonderful World" natürlich auch "Die Schönheit der Chance" (da durfte der kleine René mit den großen Tomte auf der Bühne stehen und die Saiten seiner Kinder-E-Gitarre anschlagen) - kurzum eigentlich alles. Das hat ja auch Platz in über zwei Stunden Liveperformance.

Man merkt schon, ich war von den Geschichten des Thees Uhlmann mehr angetan als von der Musik. Nicht weil sie mir nicht gefallen würde - oh nein - ich bin ein Tomte-Fan, zweifellos. Allerdings einer von der Sorte, der bei wenigen Liedern mitsingen kann, sie aber alle irgendwann schon mal gehört hat. Die Songs kann ich mir auf CD jederzeit anhören, aber die Stories und die Atmosphäre gibts nur einmal!!!