Durch den Konsum ... Projekt: Tokio Hotel - Teil 1
Vor kurzem ist die deutsche Teenie-Rockband TOKIO HOTEL in den Mittelpunkt meines Interesses gerückt. Genauer gesagt am vergangenen Wochenende, als ich mir nach langem wieder einmal die aktuelle Ausgabe der BRAVO gekauft hatte. Darin gab es einen TOKIO HOTEL-Posterstarschnitt in Lebensgröße und natürlich war auf maximal jeder dritten Seite ein Beitrag über die Massenhysterie beim letzten TH-Konzert, oder ein Aufruf zum TH-Manga-Zeichenwettbewerb etc. zu finden.
Sogar im aktuellen Rolling Stone wird den vier 16 bis 18jährigen Burschen aus Magdeburg ein Beitrag gewidmet! Also frage ich mich natürlich, was ist dran an dem Hype?
Meine bisherigen Recherchen brachten nicht viel außergewöhnliches ans Tageslicht: Die Band wurde 2001 unter dem Namen „Devilish“ von den eineiigen Zwillingsbrüdern Bill (Leadsänger) und Tom Kaulitz(Gitarre) sowie Bassist Georg und Schlagzeuger Gustav gegründet. Bill, damals zarte 14 Jahre jung, nahm 2004 an der Kinderausgabe von „Star Search“ teil und so wurden die Universal-Produzenten Dave Roth, David Jost und Pat Benzner, die unter anderem auch - den mittlerweile wieder in der Versenkung verschwundenen Deutschpopper -Oli P. (Grönemeyer-Cover „Flugzeuge im Bauch“) gepusht hatten, auf die vier aufmerksam. Der Name wurde in TOKIO HOTEL geändert und schon ging es munter los mit dem Produzieren von Chartbreakern.
Die Debütsingle „Durch den Monsun“ stieg in Deutschland und Österreich von 0 auf Platz 1 in den Hitparaden ein, danach folgte das erste (und aktuelle) Album „Schrei“ und die „Schrei 2005“-Tour, die mittlerweile aufgrund der vielen - vor allem pubertierenden weiblichen - Fans auf eine „Schrei 2006“-Tour ausgedehnt wurde. TOKIO HOTEL bekamen zwei Cometen und einen Bambi, für den Echo sind sie nominiert. Einen solchen Sprint hat es in der auf Kurzstrecke spezialisierten Musikbranche schon lange nicht mehr gegeben ... schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrer gestrigen Online-Ausgabe.
Die vier Teenager füllen derzeit Konzerthallen mit einem Fassungsvermögen von bis zu 14.000 Personen bis auf den letzten Platz aus, diese Form der Massenhysterie erinnert an die Zeiten der Beatles - nur sind die Fans entschieden jünger ... so ein Artikel der ZEIT vom vergangenen Samstag über das Konzert in Tier, bei dem laut Medienberichten ca. 240 Mädchen mit Weinkrämpfen und hysterischen Anfällen zusammengeklappt waren.
Teeniebands sind in den letzten Jahren ein hervorragendes Marketingtool geworden, eine „cash cow“ die von den Plattenbossen gnadenlos gemolken wird, bis auch der letzte Fan sämtliche Platten und Merchandising-Artikel in der sich immer schneller drehenden Konsumspirale erworben hat. Früher reichte es, wenn man als Fan jeden Zeitungsschnipsel und jede CD besaß. Heute müssen T-Shirts und DVDs, Pullis, Kappen und Badges unters Volk gebracht werden. Nicht nur der originäre Kundenwunsch – nämlich den Tonträger zu kaufen bzw. ein Konzert zu besuchen, wofür ja Radiosender wie Ö3 mit ihrer Quotenregelung schon einiges an Arbeit leisten – müssen befriedigt werden, nein, es müssen auch zusätzliche Bedürfnisse kreiert werden, sodass man sich ein völlig überteuertes Shirt um 30 Euro zusätzlich zur konsiderabel bepreisten Konzertkarte leistet. Aber das funktioniert ja auch bei uns Erwachsenen immer wieder ...